Am Freitag habe ich die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) „Wildes Gemüse Beckstedt e.V“ besucht. Die Idee ist, dass sich Menschen zusammentun, um gemeinsam mit einem Landwirt wöchentlich eine Gemüsekiste mit frischem, biologisch angebautem und regionalem Gemüse zu bekommen. Mit René Dolling und seiner Familie aus Beckstedt haben die Vereinsgründer einen Landwirt im Nebenerwerb gefunden, der schon vorher Bio-Eier und Bio-Hühner selbst vermarktet hat.
Hier gehen Produktion und Vertrieb aber andere Wege: Statt auf dem Wochenmarkt zu verkaufen, haben die Mitglieder die Ernteanteile vorher ersteigert. Jeder hat nach seinen Möglichkeiten das geboten, was er für seine Kiste aufwenden kann. Der einer etwas mehr, der andere etwas weniger. So ist ein Anteil auch für Menschen erschwinglich, die nur wenig Geld für eine gesunde Ernährung aufwenden können.
Da ausreichend Gebote eingegangen sind, kann Familie Dolling entsprechend anbauen. Die laufende Saison geht vom 1. April 2021 bis 31. März 2022 und ist auf 40 Familienkisten angelegt, Einzelpersonen konnten auch kleinere Kisten buchen. Darüber hinaus gibt es eine Warteliste für „Schnupperkisten“, die auf nur einen Monat angelegt sind. Für die nächste Saison ist eine Steigerung auf 70-80 Ernteanteile angestrebt, um der Nachfrage gerecht zu werden.
Die Mitglieder kaufen aber nicht nur die Ernteanteile, sondern helfen auch aktiv mit. Donnerstags wird geerntet, freitags wird die Ernte auf die Kisten aufgeteilt. Auch Feldarbeit wie Unkraut jäten gehört mit dazu. Hille Perl, Vorstandsmitglied des Vereins: „So sieht jeder, wie das Gemüse wächst, das später auf dem Teller landet. Viel wichtiger aber ist, dass man bei der Feldarbeit die Mitglieder ganz anders kennenlernt. Das ist eine tolle, soziale Komponente.“
Dabei kommt die Vielfalt an Gemüse nicht zu kurz, auch seltenere Pflanzen wie Mangold stehen mit den Ernteanteilen auf dem Speisezettel. Damit die Mitglieder das Gemüse auch zubereiten können, soll demnächst eine Homepage mit passenden Rezepten online gehen.
Für René Dolling ist auch der ökologische Ansatz besonders wichtig. „Wir betreiben auch unserem Hof Kreislaufwirtschaft. Das bedeutet, dass wir nur soviel Tiere halten, dass der Dung auch auf den eigenen Anbauflächen verteilt werden kann. Besonders freut ihn auch, dass Sohn Jonas, gelernter Landwirt, mitmacht und irgendwann den Hof übernehmen wird.
Ich freue mich darüber, dass mit viel Eigeninitiative viele wichtige Themen in einen Zusammenhang gebracht werden. Es steht uns sehr gut, wenn wir regional, ökologisch und klimafreundlich denken und wirtschaften. Leider ist der Anteil an biologischem Anbau hierzulande noch sehr gering. Die Schaffung der Öko-Modellregion ist daher richtig und wichtig, um Landwirte im Landkreis Oldenburg zu beraten, wie man erfolgreich und ökologisch Landwirtschaft betreiben kann. Die Solawi kann dabei als gutes Beispiel dienen, wie man erste Schritte hin zu ökologischer Landwirtschaft gehen kann.